Referenz

Temperaturoptimierung im Fernwärmenetz Krefeld mit Grundfos iGRID

Im Oktober 2020 ist im Fernwärmenetz Krefeld als erstes Projekt seiner Art eine Anlage mit einer neuartigen Temperatur-Optimierungslösung des Pumpenherstellers Grundfos in Betrieb gegangen. Die Betreiberin, die NGN Netzgesellschaft Niederrhein mbh, senkt damit in einem Teilnetz die Vorlauftemperatur, um Wärmeverluste zu reduzieren und die Einspeisung niedergrädiger Wärmequellen zur ermöglichen.

Wir konnten den Vorlauf wie geplant absenken und hatten keinerlei Störungen oder Kundenreklamationen.
Tobias Kox, Asset-Management und Planung Netzgesellschaft Niederrhein mbH

Nachteile durch hohe Vorlauftemperaturen

Fernwärmenetze arbeiten häufig mit hohen Vorlauftemperaturen jenseits der 100 Grad. Je höher die Vorlauftemperatur, desto höher sind auch Wärmeverluste, Verdampfungsgefahr und Beanspruchung des Rohrsystems. Deswegen sind die Netzbetreiber daran interessiert, diese Nachteile durch geringere Vorlaufemperaturen zu reduzieren. Häufig stehen dem jedoch heterogene Netze entgegen, in denen neben Wohngebäuden auch gewerbliche und industrielle Verbraucher mit erheblich höherem Wärmeenergiebedarf versorgt werden. Eine einheitliche Vorlauftemperatur, die sich am größten Verbraucher ausrichtet, ist in solchen Fällen für viele andere Verbraucher im Netz unnötig hoch.

Eine Lösung besteht darin, je nach Art und Lage der Verbraucher unterschiedliche Zonen einzurichten, die dann bedarfsgerecht als Teilnetze mit geringeren Vorlauftemperaturen gefahren werden können. Grundfos hat dafür 2019 eine spezielle Temperatur-Optimierungseinheit vorgestellt, mit der sich die Vorlauftemperatur im (Teil-)Netz durch eine intelligent gesteuerte Beimischung aus dem Rücklauf zielgenau absenken lässt. Als deutschlandweit erstes Projekt dieser Art ist im Oktober 2020 in Krefeld eine solche Anlage in Betrieb gegangen.

Teilnetz mit optimierter Temperatur

Eingesetzt wird die Anlage im Fernwärmenetz der SWK Energie GmbH. Die Netzgesellschaft Niederrhein mbH (NGN) betreibt als 100%ige Tochtergesellschaft der SWK Stadtwerke Krefeld neben Netzen für die Strom-, Gas- und Trinkwasserversorgung auch ein ca. 95 km langes Fernwärmenetz, das die Krefelder Innenstadt und untere anderem den Stadtteil Uerdingen ver- sorgt. Hauptwärmequelle ist eine nahegelegene Müll- und Klärschlammverbrennungsanlage, neben zwei Heizwerken und einem Heizkraftwerk. Das Netz versorgt rund 1.700 Verbrau- cher und stellt an kalten Tagen eine Leistung von 95 Megawatt Wärme bereit. 

Gefahren wird das Netz je nach Jahreszeit mit einer Vorlauf- temperatur von bis zu 120 Grad. Dies möchte der Betreiber ändern. "Die Absenkung der Vorlauftemperatur ist für uns ein wichtiger Faktor, um unser Netz effizienter betreiben und zu- künftig weitere Wärmequellen erschließen zu können", erklärt NGN-Geschäftsführer Hans-Werner Leenen. "Die Einspeisung lokal anfallender Prozesswärme aus Industrieunternehmen beispielsweise erfordert einen Vorlauf von etwa 90-95 Grad und niedriger. Deswegen sind wir sehr an Lösungen interessiert, mit denen wir bei voller Versorgungssicherheit für unsere Kunden die Vorlauftemperaturen im Netz senken können."

Eine solche Lösung sondierte die NGN 2019 in Gesprächen mit Grundfos, zu denen auch Fernwärme-Experten aus der dänischen Konzernzentrale hinzugezogen wurden. Ende 2019 entschied sich der Betreiber dann, die Temperatur-Optimierungslösung des Herstellers zunächst als Pilotprojekt in einem Teilbereich einzusetzen. Ein geeigneter Netzabschnitt war schnell gefunden. "Für das Pilotprojekt hat sich ein Strang ange- boten, der über eine Zweigleitung mit dem Hauptnetz verbun- den ist", erläutert Tobias Kox von der Abteilung Asset-Manage- ment und Planung bei der NGN. "An der Zweigleitung befindet sich ein Schacht mit verschiedenen Messsensoren, so dass wir die Station dort mit überschaubarem Aufwand realisieren konnten."

Die erforderlichen Tiefbauarbeiten fanden im Frühjahr 2020 statt, danach erfolgte mit Corona-bedingten Verzögerungen die Aufstellung der Anlage mit Rohrbau, Stromanschlüssen und Verkabelung der Messtechnik. Rechtzeitig vor Beginn der Heizperiode ging die Anlage dann Anfang Oktober in Probe- und Testbetrieb.

Beimischung aus dem Rücklauf

In dem betroffenen Netzabschnitt im Stadtteil Uerdingen werden insgesamt 35 Verbraucher mit Wärme versorgt. Zu den Kunden im Mischgebiet zählen drei Schulen, ein Supermarkt sowie eine Reihe von Ein- und Mehrfamilienhäusern. Die An- schlussleistung beträgt etwa 4,5 Megawatt Wärme. Die Absen- kung erfolgt mit Hilfe der Temperatur-Optimierungseinheit von Grundfos. Diese ist zwischen Hauptnetz und dem betroffenen Netzabschnitt installiert und verbindet die Vorleitung mit der Rücklaufleitung. Der Rücklauf wird über die Einheit geführt und mittels einer Pumpe temperaturgesteuert dem Vorlauf beige- mischt. Die Temperatur-Optimierungseinheit ist dafür komplett ausgestattet mit den erforderlichen Komponenten wie Pumpe, Ventilen, Temperatur- und Drucksensoren sowie einer intelli- genten Temperaturregelung. Die Sollwerte für die Beimischung ermittelt die Regeleinheit auf Basis externer Parameter wie der Vor- und Rücklauftemperatur sowie dem Monitoring der Anlagen-Betriebsdaten. Grundfos bietet die Einheit als fertig vormontierte Anlage an, so dass die Station in Krefeld ohne großen Installationsaufwand in einem Kabinett aufgestellt und hydraulisch und elektrisch angeschlossen werden konnte.

Störungsfreier Betrieb

Nach zwölf Monaten Betrieb inclusive einer kompletten Heiz- saison sind die Erfahrungen mit der Pilotanlage positiv. "Wir konnten den Vorlauf während der Heizsaison wie geplant von etwa 120 auf 95 Grad absenken und hatten keinerlei Störungen oder Kundenreklamationen", berichtet Tobias Kox.

"Auch während einer Kältephase im Februar 2021 mit höheren Minustemperaturen hat die Versorgung mit der niedrigeren Vorlauftemperatur reibungslos funktioniert. Während des Som- mers konnten wir den Vorlauf von knapp unter 100 zunächst auf 85 Grad absenken, hier ist zukünftig aber sicher noch mehr möglich."

Schlüssel für die störungsfreie Vorlauf-Absenkung ist die intelli- gente Regelung der Pumpe. "Die Herausforderung besteht dar- in, die vorgegebene Sollwerttemperatur möglichst exakt auszu- regeln", so Tobias Kox. "In einem komplexen Fernwärmenetz ist das aufgrund verschiedener Störgrößen nicht trivial, deswegen war wie erwartet in den ersten Monaten eine Feinjustierung erforderlich. Wir haben einige Messsensoren neu platziert, und die Grundfos-Techniker haben uns geholfen, die Regelung wei- ter zu optimieren. Letztlich ging es darum, die Anlage mit mehr Informationen zu Temperatur- und Druckverhältnissen im Netz zu versorgen, damit die Pumpe bei der Beimischung aus dem Rücklauf präziser reagieren kann."

Wir können zukünftig auch Wärmequellen mit Temperaturen unter 100 Grad ins Netz einspeisen.
Tobias Kox, Asset-Management und Planung Netzgesellschaft Niederrhein mbH

Positives Fazit

"Wir sind mit den Ergebnissen des Pilotprojekts sehr zufrieden", urteilt Tobias Kox. "Die Praxis hat gezeigt, dass die Temperatur- absenkung um bis zu 25 Grad mit der richtigen Feinjustierung auch bei hohem Wärmebedarf im Winter sicher und störungs- frei funktioniert. Der Vorlauf von dauerhaft unter 100 Grad macht den Netzbetrieb sicherer und effizienter, und wir können zukünftig auch Wärmequellen mit Temperaturen unter 100 Grad ins Netz einspeisen."

Nach dem Pilotprojekt hat man bei der NGN bereits die Zukunft im Blick. "Das jetzt realisierte Projekt ist für uns nur ein erster Schritt", erklärt NGN-Geschäftsführer Hans-Werner Leenen. "Wenn die Erfahrungen mit der Lösung dauerhaft positiv sind, werden wir sicherlich weitere Netzabschnitte optimieren und auch die Einspeisung anderer Wärmequellen prüfen. Bei einer Vorlauftemperatur von 90-95 Grad können wir beispielsweise die Prozesswärme aus einem Industrieunternehmen vor Ort einspeisen, dazu gibt es bereits erste Gespräche. Insgesamt sehen wir mit der Temperaturoptimierung eine hervorragende Möglichkeit, unser Fernwärmenetz hier in Krefeld zukunftswei- send weiterzuentwickeln."

Großes Potenzial

Bei Grundfos sieht man in Deutschland ein großes Potenzial für vergleichbare Projekte. "Fernwärmenetze sind meist über Jahrzehnte gewachsen, und die notwendigen Optimierungen

stellen die Verantwortlichen oft vor eine große Aufgabe", erklärt Thomas Gierlich, Senior Sales Developer CBS D-A-CH bei Grund- fos. "Mit der Temperatur-Optimierungseinheit bieten wir den Betreibern eine unkomplizierte Möglichkeit, Temperaturzonen einzurichten und die damit verbundenen Vorteile schnell zu re- alisieren. Das Ganze ist eine gute Investition und ein wertvoller Beitrag zur Wärmewende."

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